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Virginia Woolf (1882 – 1941)
geboren am 25. Januar 1882 in London
gestorben am 28. März 1941 in der Nähe von Rodmell, Südengland
englische Schriftstellerin


Virginia Woolf entstammte einer wohlhabenden Intellektuellen-Familie. Ihre schriftstellerische Karriere begann relativ spät, doch Ende der zwanziger Jahre war sie eine berühmte Autorin. In ihren letzten Lebensjahren geriet sie in eine abgrundtiefe Verzweiflung, gegen die sie lange ankämpfte. 1941, im zweiten Kriegsjahr, ertrug sie es nicht länger und ertränkte sich, 59 Jahre alt, im Fluß Ouse.
Der Name Virginia Woolf ruft heute schon fast stereotype Assoziationen hervor, seit sie mit ihrem Essay Ein Zimmer für sich allein und durch das Poster mit ihrem Jugendbildnis zu einer Kultfigur der neuen Frauenbewegung wurde. Ihre melancholische Schönheit, ihr Wahnsinn und ihr Selbstmord umgeben sie mit einer düster-romantischen Aura.
Die Nachtseiten ihres Lebens waren sehr real. Sie hatten ihren Ursprung in der Hölle einer viktorianischen Kindheit, im jahrelangen sexuellen Mißbrauch Virginias durch ihre Halbbrüder, der dazu führte, daß sie ihren Körper ablehnte, ihre Schönheit niemals selbst empfinden konnte, sexuell unansprechbar blieb und ihr Leben lang immer wieder von seelischen Zusammenbrüchen erschüttert wurde.
Aber diese Frau, eine der bedeutendsten Schriftstellerinnen, Kritikerinnen und feministischen Denkerinnen der Moderne, war nicht nur jene tragische und hinfällige "Lady of Bloomsbury," als die sie oft gesehen wird: Im Gespräch war sie ungemein witzig, konnte aber auch geradezu teuflisch boshaft sein. Mit Kindern allerdings ging sie wunderbar um; sie nahm sie ernst und behandelte sie wie ihresgleichen. Sie hatte, wie sie selbst zugab, eine snobistische Schwäche für die Damen der Aristokratie, und sie liebte Reisen, Parties und Klatsch. – Bei alledem war sie eine immens fleißige und disziplinierte Arbeiterin, der das Schreiben lebensnotwendig war, und sie tötete sich, als ihre Verzweiflung auch durch die Magie der Sprache nicht mehr zu bannen war.
Virginia Woolf und ihr Vater Sir Leslie Stephen, 1902

Mit dem Namen der englischen Autorin Virginia Woolfs verbindet sich fast automatisch eine Diskurs über moderne Literatur, Genialität, Geisteskrankheit, Homosexualität, sexuellen Missbrauch und Frigidität. Selten ist das Sexual- und Geistesleben einer Person eindringlicher durchleuchtet und so detailliert analysiert worden. Entstanden ist dabei ein facettenreiches und widersprüchliches Bild dieser Artistin des geschriebenen Wortes, die sich schon zu Lebzeiten nicht in Schubladen einordnen ließ.

Adeline Virginia Stephen wurde am 25. Januar 1882 als jüngste Tochter einer Familie der gehobenen Londoner Mittelschicht geboren. Ganz den Prinzipien des viktorianischen Zeitalters entsprechend erzogen, erhält sie als Mädchen keine professionelle Schulbildung, wie auch ihre ältere Schwester Vanessa. Während ihre zwei Brüder Adrian und Thoby in gehobenen Colleges studieren, werden die beiden weiblichen Sprösslinge im Hinblick auf ihre Zukunft als hingebungsvolle Ehefrauen und Mütter von ihrem Vater Leslie Stephen gerade mal im Lesen und Schreiben unterrichtet. Virginia beeindruckt aber schon früh durch ihre immense Aufnahmefähigkeit von schwierigen Klassikern und durch ihre Sprachbegabung und beginnt mit etwa Zwanzig, sich als Literaturkritikerin erste Lorbeeren — und ein wenig eigenes Geld - zu verdienen. In dieser Zeit nimmt sie sich mit ihrer Schwester Vanessa und deren Mann, dem Literaturkritiker Clive Bell, ein Haus im Londoner Stadtteil Bloomsbury. In diesem Haushalt trifft sich bald regelmäßig ein Freundeskreis von nonkonformistischen Intellektuellen verschiedenster Couleur, darunter so illustre Persönlichkeiten wie der Schriftsteller E. M. Foster ("Wiedersehen in Howards End") und der Ökonom John Maynard Keynes. Hier lernt sie auch den Kaufmann Leonard Woolf kennen, den sie 1912 heiratet;aus Liebe, auch wenn sie ihrem zukünftigen Gatten vor der Heirat auf den Kopf zusagte, er übe keinerlei körperliche Anziehung auf sie aus.
In diesem anregenden intellektuellen Umfeld reift Virginias schriftstellerisches Talent und schon bald verfasst sie eigene Prosatexte. 1915 erscheint ihr erster Roman "The Voyage Out" (dt. "Die Fahrt hinaus") und Virginia mausert sich zu einer anerkannten Vertreterin der neuen modernen Literatur. Dennoch wird es bis zum Erscheinen von "Mrs. Dalloway" und "To the Lighthouse" ("Die Fahrt zum Leuchtturm") gegen Ende der Zwanziger Jahre dauern, bis Virginia und Leonard sich endlich den Luxus eines Wasserklosetts und später auch eines Automobils leisten können. Zum Zeitpunkt ihres Todes im Jahr 1941 war Virginia Woolf eine angesehene und ökonomisch unabhängige Schriftstellerin.

Was hier auf den ersten Blick wie die reibungslose Karriere einer phantasievollen und begabten Schriftstellerin anmutet, war für Virginia Woolf das Fazit eines Lebens voller psychischer Traumata und einer daraus entstandenen instabilen, sich immer am Rande der Geisteskrankheit bewegenden Persönlichkeit, die aus diesem quälerischen Daseinszustand eine positive Kreativität schöpfte. Schon als Dreizehnjährige reagierte sie auf den Tod ihrer geliebten, geradezu vergötterten Mutter mit einem kompletten Nervenzusammenbruch. Nur zwei Jahre später starb auch ihre Stiefschwester Stella,. ihre zweite wichtige Bezugsperson. Als 1904 schließlich auch noch ihr Vater Leslie eine schwere Krankheit nicht überlebt und Virginia ohne den autoritären Schutz ihres Vaters ganz dem sexuellen Missbrauch durch ihren Stiefbruder George ausgeliefert ist, flüchtet sie sich in einen zweiten schweren psychischen Zusammenbruch. Tag für Tag, Monat für Monat wird sie sich von nun an vor dem kommenden, endgültigen Wahnsinn fürchten. Die Wellenbewegungen des Geistes, das Auf und Ab der Gefühle, das für eine solche manische Depression kennzeichnend ist, findet sich in auch in fast allen ihren fiktionalen Werken wieder. Mit dem Roman "The Waves" (dt. "Die Wellen") setzt sie diesem ihrem Lieblings- und Leidensmotiv schließlich ein literarisches Denkmal.
Ihr Mann Leonard kümmert sich währenddessen fürsorglich darum, dass Virginia genug isst, trinkt, schläft, nicht zu viel ausgeht und nicht zu viel Alkohol zu sich nimmt, um die depressiven Anfälle zu verhindern — er hält seine Frau buchstäblich am Leben. Dieser partnerschaftliche Umgang in der Ehe wird auch dadurch nicht gemindert, dass Virginia in den 29 Jahren des Verheiratetseins wohl nur wenige Male mit Leonard schläft. Die männliche Sexualität ist ihr laut eigenem Bekunden "schleierhaft" und reines sexuelles Begehren scheint ihr langweilig und oberflächlich. Was dagegen auf sie erotisch wirkt, ist der Intellekt, der feine Witz und die Emotionalität einer Person — und oft findet sie genau diese Charaktereigenschaften bei Frauen.

Madge Vaughn, Violet Dickinson, Katherine Mansfield und Ethel Smyth sind die Frauen, die Virginia Woolf auf ihre eigene Art und Weise liebte. Davon zeugen zuhauf überlieferte Briefe und Tagebucheinträge. Machen diese eher romantischen Liebesbeziehungen zu Frauen aus Virginia Woolf eine Lesbe, oder ist weibliche Homosexualität rein über die Ausübung von gleichgeschlechtlichem Sex definiert? So oder so hat Virginia Woolf tatsächlich die ihr fälschlich zugeschriebene Frigidität überwunden und ist mit ihrer legendären langjährigen Liebe Vita Sackville-West eine sexuelle Beziehung eingegangen — auch wenn sich die Häufigkeit ihrer tatsächlich en sexuellen Kontakte sicher an einer Hand abzählen lässt. An der emotionalen Tiefe ihrer Liebe zu Frauen ist dagegen sicher nicht zu zweifeln: Mit dem Roman "Orlando" - der fiktionalen Biographie eines Edelmannes, der von Nacht auf Tag sein biologisches Geschlecht wechselt - verewigte sie die Dualität im Wesen ihrer geliebten Vita.
Doch am Ende gewann weder die Liebe einer Frau noch die liebevolle Hingabe ihres Ehemanns. Am 28. März 1941 spazierte Virginia Woolf zum nahegelegenen Fluss Ouse, steckte sich Steine in ihre Jackentaschen und ertränkte sich. Die Angst vor einem neuen Anfall, dem endgültigen Wahnsinn, treibe sie in den Suizid, schrieb sie in ihrem Abschiedsbrief an Leonard. Erst drei Wochen später wurdeihre Leiche viele Kilometer flussabwärts gefunden, gleichnishaft umspült von den Wellen der Ouse
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Mrs. Dalloway, die Gattin eines Parlamentsabgeordneten, plant eine große Abendgesellschaft in ihrem Haus im vornehmen Stadtteil Westminster. Doch während der Vorbereitungen überlässt sie sich ihren Erinnerungen und Gedanken, die sich zu einem Gewebe aus zufälligen Begegnungen, Verabredungen und schmerzlichen Abschieden zusammenschließen. Durch die Maschen schimmert das Leben und lauert die Angst: Der Schatten des Todes mischt sich unter die scheinbar glückliche Abendgesellschaft - sie wird zu einem flüchtigen Augenblick im Fluss der Zeit.
Orlando, Virginia Woolfs Romanfigur, der die Schriftstellerin eine Aufsehen erregende Biografie gezaubert hat, wird als adliger Knabe geboren und lebt nach einem ungewöhnlichen Geschlechtswandel als Frau weiter. Die literarische Reise durch Orlandos Leben erstreckt sich über vier Jahrhunderte.
Der Streifzug beginnt im Jahre 1500 mit dem schönen 16-jährigen Dichter Orlando, der zum Favoriten von Königin Elizabeth II. aufsteigt. Als Lady Orlando erlebt die Hauptfigur mehrere Inkarnationen, lustwandelt durch die Zeiten und ist frei, ihr Leben als Mann oder Frau nach seinem und ihrem Gutdünken zu gestalten.
Die Geschichte endet nach vielen Abenteuern und Verwicklungen schließlich in der Gegenwart, dem Jahr 1928, wo Orlando als erfolgreiche Schriftstellerin auf einem Anwesen in Kent lebt, das unverkennbar Knole, das Heim der Familie der Sackvilles darstellt. Denn Orlando - Eine Biografie ist eine Hommage an Woolfs enge Freundin Vita Sackville-West. 1927 notierte Virginia Woolf in ihr Tagebuch: "Eines Tages jedoch werde ich hier die Umrisse all meiner Freunde skizzieren wie ein großes historisches Gemälde. (...) Vita soll Orlando sein, ein junger Adeliger."
Vita Sackville-West, einzige Tochter einer Adelsfamilie, begann bereits als Kind, Gedichte zu schreiben. Sie zählte zum literarischen Kreis der Bloomsbury-Group und lernte auf diesem Wege Virginia Woolf kennen. Die beiden Frauen wurden ein Liebespaar, und Woolf widmete Vita nicht nur Orlandos Biografie, sondern schmückte das Buch auch mit Bildern ihrer Geliebten in verschiedenen Kostümen.

Vita Sackville-West wurde 1892 als Tochter von Baron Sackville III in Knole House in Kent geboren.

1913 heiratete sie den Diplomaten und Journalisten Harold Nicholson.

Sie veröffentliche 1917 als erstes eine Gedichtesammlung “Powers of West and East”, ihr Gedicht “The Land” gewann 1927 den Hawthornden Preis, 1919 veröffentlichte sie eine Novelle “Heritage” und 1922 die Geschichte ihrer Famlie “Knole and the Sackvilles”, es folgten 1930 “The Edwardians”, 1931 “All Passion Spent” und 1934 “The Dark Island”.

Ab 1920 führte sie eine romantische Beziehung mit Virginia Woolf, die diese in “Orlando” darstellt.

Sackville-West veröffentlichte auch Reiseführer und schrieb über viele Jahre eine wöchentliche Gartenkolumne im Obserever, für die sie viel bekannter ist. Nigel Nicholson beschreibt ihre unorthodoxe Ehe im Buch “Portrait of a Marriage.

Sackville-West starb 1962 an Krebs.


Victoria Glendinning schreibt in Ihrer Biographie über Vita Sackville-West:

Das Leben der Vita Sackville-West liest sich wie ein Roman: Geboren wurde sie 1892 als einziges Kind von Lord Sackville und seiner halbspanischen Ehefrau Victoria auf Schloß Knole in Kent. Mit vierzehn Jahren schrieb sie ihren ersten Roman und bis zu ihrem Tod war sie nur dann mit sich zufrieden, »wenn sie ein Buch in Arbeit hatte«. 1913 heiratete sie den Diplomaten Harold Nicolson, mit dem sie um Sissinghurst Castle einen der schönsten Gärten Englands gestaltete. Die Ehe, die wohl die ungewöhnlichste Verbindung dieses Jahrhunderts war, bestand über neunundvierzig Jahre. Beide Partner hatten im Laufe der Zeit viele Affären, die aber ihrer Verbundenheit nichts anhaben konnten. Fesselnd geschrieben, zeichnet Victoria Glendinning das auch kulturgeschichtlich aufschlußreiche Leben dieser unkonventionellen Frau auf: Vitas außerordentliche Entschiedenheit, mehr sein zu wollen als eine »verheiratete Frau«, ihre Liebesbeziehungen zu Virginia Woolf, Violet Trefusius und anderen, ihre schriftstellerischen Leistungen und Erfolge, ihre gelassene Heiterkeit und ihre nie nachlassende Wärme in der Beziehung zu ihrem Mann und ihren Söhnen
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